Nachfolgezentralen

Shownotes

In Mecklenburg-Vorpommern gibt es bereits seit 2018 eine Nachfolgezentrale, in Berlin seit kurzem eine weitere. Angesiedelt bei den Bürgschaftsbanken. Alle Beteiligten legen Wert auf Diskretion. Warum? Das erklären Steffen Hartung, Frank Bartelsen und Robert Eisenblätter in der neuen Ausgabe des Ermöglicher Podcasts.

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00:00:00: Hallo und herzlich willkommen zum ermöglichen Podcast.

00:00:19: Der ermöglichen Podcast ist eine Produktion des Verbandes Deutscher Bürgschaftsbanken,

00:00:24: unsere Gäste, Politiker, Banker, Wirtschaftsvertreter und Unternehmer.

00:00:28: Und immer geht es um Unternehmensfinanzierung und wie Bürgschaften dabei helfen können.

00:00:32: 626.000 Mittelständler mit Übergabewunsch wird es laut KfW bis 2027 geben.

00:00:42: Insgesamt sind 30% der Unternehmerschaft älter als 60 Jahre.

00:00:46: Demgegenüber steht ein sinkendes Gründungsinteresse.

00:00:49: Seit 2018 bereits gibt es im Nickelburg-Vorpommern die Nachfolgezentrale in Berlin seit kurzem

00:00:55: eine weitere.

00:00:56: Maßgeblich beteiligt an deren Zustand gekommen waren die Bürgschaftsbanken beider Länder.

00:01:01: Denn inzwischen geht jede dritte Bürgschafts-Euro in eine Unternehmensnachfolge.

00:01:05: Bankfachwirt Frank Bartelsen war jahrelang im Bankbereich tätig und verfügt über große

00:01:10: Erfahrungen im Priorivat und Firmenkundengeschäft.

00:01:13: Er leitet die nachfolgezentrale in Nickelburg-Vorpommern.

00:01:17: Steffen Hartung kennt in Nickelburg-Vorpommern wie seine Westentasche.

00:01:21: Sieben Jahre lang war er Geschäftsführer der Bürgschaftsbank und MBG in Nickelburg-Vorpommern,

00:01:25: bevor er Anfang 2018 die Geschäftsführung der Bürgschaftsbank Berlin übernahm.

00:01:29: Der begeisterte Motorradfahrer und Segler verfügt über 30 Jahre Bankenerfahrung bei

00:01:33: privaten Bankensparkassen und Genossenschaftsbanken und leitet heute die Nachfolgezentrale

00:01:38: Berlin.

00:01:39: Robert Eisenblätter war ein schlechter Schüler.

00:01:42: Hat er einmal Preis gegeben in einem Podcast, einer der aber auch schon Rostocker Oberbürgermeister

00:01:47: werden wollte.

00:01:48: Nach der Lehre als Schiffsmechaniker befährt er die Ozeane.

00:01:51: Zurück an Land wird er Logistikmeister und Vertriebsleiter.

00:01:55: Vor kurzem übernahm er das Rostocker Familienunternehmen Lichtwerbung "Fährmann".

00:01:59: Herzlich willkommen Herr Bartelsen, Herr Hartung und Herr Eisenblätter.

00:02:02: Ich freue mich, dass Sie da sind.

00:02:04: Es geht um das Thema Unternehmensnachfolge.

00:02:07: Herr Hartung, vielleicht die erste Frage an Sie.

00:02:09: 30 Prozent der Unternehmerschaft des Eltern als 60 Jahre.

00:02:13: Dagegen steht ein sinkendes Gründungsinteresse.

00:02:16: Wie sieht die Situation am Nachfolgemarkt momentan aus?

00:02:19: Insgesamt sind das Zahlen, die schon zeigen, dass wir in den nächsten Jahren durchaus ein

00:02:27: großes Problem haben.

00:02:29: Wir haben irgendwie diesen Unternehmerbegriff in Deutschland ein bisschen aus dem Blick verloren,

00:02:34: sodass auch das Interesse von Nachfolge interessiert und selbstständig zu werden, ein eigenes

00:02:38: Unternehmensübernehmen in den letzten Jahren gefühlt er nachgelassen hat.

00:02:42: Und es ist, glaube ich, strukturell und auch für die Gesamtgesellschaftlich für eine

00:02:48: sehr große Aufgabe hier nachzubessern, sowohl in der Attraktivität des Unternehmerscience

00:02:53: als auch natürlich in der Möglichkeit, statt selbst zu gründen, einen Unternehmen zu erwerben,

00:02:59: was es vielleicht schon im Markt gibt.

00:03:00: Statista unterteilt in den Statistiken in Übergabe wirklich und Übergabe bereit.

00:03:06: Was ist der Unterschied?

00:03:08: Können Sie das kurz anlesen?

00:03:09: Grundsätzlich muss man eben immer gucken, wann ist ein Unternehmen sozusagen bereit

00:03:15: für die Abgabe im Form dessen, dass der alte Unternehmer die alte Unternehmerin ein gewisses

00:03:20: Lebensalter zum Beispiel 60 eben erreicht hat und dann sich durchaus sehr emsig um der

00:03:24: Nachfolge bemühen müsste.

00:03:26: Übergabewürdig, es muss natürlich dem Unternehmer der Nachfolgeunternehmerin eine Vollexistenz

00:03:33: ermöglichen, also es sollte zumindest einem Einkommen entsprechend, das auch in einem angestellten

00:03:40: Dasein erzielt werden könnte und müsste natürlich für den Kauf des Unternehmens, für den Kaufpreis

00:03:45: eine Kapitarmarktrandite erzielbar sein.

00:03:47: Also ich würde immer sagen Unternehmen ist dann Übergabefähig, wie man es auch mal

00:03:54: nennen will, wenn es wirklich eine Vollexistenz ermöglicht.

00:03:57: Herr Patelsen, Nachfolgezentralen sollen Nachfolgeinteressenten und Interessierten den Weg in die Selbstständigkeit

00:04:04: durch ein Unternehmensnachfolge aufzeigen.

00:04:06: Wie machen Sie das?

00:04:07: Ja, also zunächst mal muss man sagen, so viele Nachfolgezentralen gab es ja noch gar nicht.

00:04:14: Wir waren jetzt bis vor kurzem tatsächlich in Mecklenburg-Vorpommern die Einzige, die

00:04:19: sich 2018 dann so genannt hat, nachdem wir uns überlegt haben, dass an der Stelle der

00:04:27: Vermittlung zwischen suchenden, Übergabewilligen, Unternehmerinnen und Unternehmern und Nachfolgeinteressierten

00:04:33: ein richtiger Schwachpunkt ist, der also bislang nicht durch den Markt ausreichend unterstützt

00:04:38: werden konnte. Haben wir uns eben überlegt, dort eine kleine Institution zu schaffen,

00:04:44: die eben genau dort ansetzt, das heißt, die vertraulich und zielgerichtet halt Vermittlungsarbeit

00:04:49: macht. Und der Begriff Nachfolgezentrale lacht da irgendwo nahe und deswegen haben wir das

00:04:54: so benannt.

00:04:55: Wenn Sie sagen Mecklenburg-Vorpommern war die erste, jetzt kommt Berlin dazu, warum haben

00:05:01: andere Bundesländer, haben andere das noch nicht für sich entdeckt oder machen die das

00:05:05: anders?

00:05:06: Der ganze Thema Nachfolge oder auch Nachfolgesuche ist ja höchst komplex, muss man sagen. Der

00:05:12: ganze Prozess ist komplex und es gibt zahlreiche Institutionen unterschiedlichster Art, angefangen

00:05:18: bei den Wirtschaftskammern, Unternehmensberatungen und so weiter, die sich mit diesem Thema beschäftigen

00:05:23: und auch Sensibilisierungsarbeit, Beratungsleistungen anbieten, aber ein wichtiger Punkt, der in

00:05:31: der Vergangenheit eben vielleicht nicht ausreichend gelöst war, war eben dieses Thema Vermittlung,

00:05:37: weil hier liegt eben eine besondere Schwierigkeit, nämlich die, dass beide Seiten in der Regel

00:05:43: ein hohes Bedürfnis nach Vertraulichkeit haben. Sowohl die Unternehmenseite, die häufig

00:05:49: Sorge, das ist momentan das Hauptthema, Sorge darum hat die eigene Mitarbeiterschaft zu

00:05:53: verunsichern, aber auf der anderen Seite eben auch durchaus die Nachfolgerinnen und Nachfolger,

00:05:59: die häufig in gut dotierten, angestellten Verhältnissen beschäftigt sind und auch nicht

00:06:05: unbedingt Interesse daran haben, dass der Chef die Chefin dann irgendwo Kenntnis von

00:06:10: diesen Überlegungen bekommt. So und das zieht einfach besondere Probleme nach sich, wenn

00:06:15: also zwei, die eigentlich zueinander gehören, sich aus diesem Grund nicht finden können,

00:06:20: dann bedarf es besonderer Bemühungen, Anstrengungen, Konzepte, um da vielleicht den gaudischen Knoten

00:06:25: zu lösen. Da hat noch keiner das Patentrezept erfunden. Ich will damit auch nicht sagen,

00:06:31: dass wir das mit unserem Projekt jetzt erfunden haben, aber es liefert zumindest einen geeigneten

00:06:35: Ansatz und kann an der Stelle tatsächlich auch Hilfe bringen, wie wir inzwischen nach

00:06:41: einigen Jahren Erfahrungen eben auch sehen konnten.

00:06:44: Wie grenzt sich denn Ihr Angebot ab von dem bundesweiten Angebot, zum Beispiel von Plattformen

00:06:49: wie NEXT?

00:06:50: Also sprechen Sie eigentlich das Portal an, das in der Vergangenheit von dem alle irgendwie

00:06:56: gehofft haben, dass es so die große Lösung bringt. Dieses Portal NEXT Change ist ein Portal,

00:07:02: das es glaube ich inzwischen schon seit knapp 20 Jahren gibt, das aber vom Konzept her

00:07:07: vorsieht, dass eine der beiden Seiten ein Inserat aufgeben. So und allein wenn ich das

00:07:13: so schilder, dann kann man sich denken, wo der Knackpunkt liegt. Man begibt sich halt

00:07:19: ein Stück weit in die Öffentlichkeit, in dem Moment, wo man einen Inserat aufgibt.

00:07:23: Es besteht zwar die Möglichkeit, das anonym zu gestalten, aber da sind Hemmungen einfach

00:07:28: da, weil das ist natürlich sprang und spezifisch sehr unterschiedlich, aber weil dort eben

00:07:34: auch Befürchtungen bestehen, dass man trotz Anonymisierung dann doch irgendwo kämtlich

00:07:40: ist und ein weiteres Phänomen, das gerade die Unternehmerschaft schildert bei diesem

00:07:45: Portal ist, dass sie in der Regel tatsächlich durch dieses öffentliche Inserat sehr stark

00:07:51: kontaktiert werden. Was ja grundsätzlich wünschenswert ist, aber die Erfahrungen zeigen eben, dass

00:07:56: nicht nur Leute, die es ernst meinen und seriös sind, sich dann melden. Und am Strich ist

00:08:02: es ein Portal, das durchaus Sinn macht für Leute, wo es passt, aber es passt eben nicht

00:08:09: für diejenigen, die besonderen Wert auf Vertraulichkeit legen.

00:08:12: Die Nachfolgezentrale in Mecklenburg-Vorpommern und auch die in Berlin sind ein kostenfreies

00:08:18: Angebot, wenn ich das richtig gelesen habe. Wer trägt die Nachfolgezentrale?

00:08:21: Das ist unterschiedlich und dennoch ähnlich. Bei uns in Berlin sind es die beiden Kammern,

00:08:28: die IHK und die Handwerkskammer, die als Projektpartner mit uns zusammen als Bürgschaftsbank den

00:08:33: Anteil stemmen, der nicht durch die öffentliche Hand zugeführt wird. Sonst ist es weitestgehend

00:08:38: eben zu 75 Prozent zumindest in Berlin durch die öffentliche Hand finanziert und den Rest

00:08:43: teilen wir uns mit den beiden Kammern. Ich glaube in Mecklenburg ist es ähnlich.

00:08:47: Ja, wir haben in Mecklenburg-Vorpommern insgesamt fünf Kammern, drei IHKs und zwei Handwerkskammern.

00:08:53: Die sind alle finanziell beteiligt, die Bürgschaftsbank als Projektträgerin natürlich auch. Und

00:08:58: wir haben im vergangenen Jahr dann auch die Steuerberaterkammer Mecklenburg-Vorpommern

00:09:02: zugewonnen, die sich auch beteiligt. Und so wie in Berlin auch ist das Land mit Mitteln

00:09:09: aus dem ESF-Fonds tatsächlich Hauptfinanzier des Projektes.

00:09:13: Herr Eisenblätter, jetzt haben wir Sie eingeladen auch als praktisches Beispiel, sagen wir jetzt

00:09:18: mal, um uns mal zu erzählen, wie Sie auf die Nachfolgezentrale gestoßen sind, wie Sie in

00:09:24: der Nachfolgezentrale dann auch auf Ihr Unternehmen, das Sie jetzt übernommen haben, gestoßen sind.

00:09:29: Wie sind Sie zusammengekommen?

00:09:30: Ja, also in Rostock gibt es verschiedene Netzwerke, die man besuchen kann. Und da ich ein sehr

00:09:37: freilebender Mensch bin und offen für sehr viele Sachen, habe ich mich da mal umgeschaut

00:09:41: und wollte natürlich auch persönlich mich weiterentwickeln. Ich war ja zuletzt Vertriebsleiter

00:09:46: in einem Konzern, bzw. in einer Tochterfirma eines Konzernes und habe mich mehr nach Freiheit

00:09:52: gewähnt bzw. nach Freiheit gesucht, nach einer Aufgabe, die ich selbst mehr gestalten kann,

00:09:58: als in dem Konstrukt, wo ich da angestellt war. Und über Hörnsagen und über das Netzwerk

00:10:03: haben mich denn ein, zwei Leute auf die Nachfolgezentrale gebracht, wo ich total begeistert

00:10:08: von war, weil, wenn ich da nochmal einhaken darf, wie Herr Baddinsen schon sagt, das ist

00:10:11: halt nicht eBay, es ist ein Inserat und da melden sich Tausend drauf, sondern man hat

00:10:16: erstellt ein seriöses Profil. Wer bist du, was hast du für Qualifikation, wie viel kann

00:10:21: man auch ausgeben? Und Herr Baddinsen und seine Angestellten gucken dann halt, welche

00:10:26: Firma am besten zu einem passt und man bekommt denn auch nur diese Firmen angeboten. Dann

00:10:30: gab es noch ein paar Nachfragen und im Endeffekt habe ich dann ein, zwei Wochen später schon

00:10:34: die ersten Firmen angeboten bekommen und guckt, ob das vielleicht passen würde und wenn es

00:10:39: dann ins Detail gehen soll, sagt man dann, ja, okay, passt irgendwie, habe ich Lust drauf

00:10:43: und dann geht es nachher so ein bisschen ins Detail. Man muss natürlich auch Vertraulicherheitserklärung

00:10:47: unterschreiben, etc., das ist ganz wichtig und dann trifft man sich so oft, bis man nachher

00:10:51: sagt, ja, das passt oder das passt nicht und vor allem die, die die Firma übergeben möchten,

00:10:57: geht es ganz stark um Gefühle, um Emotionen. Da hat jemand was aufgebaut, in dem Fall über

00:11:01: 30 Jahren und da gucken sie schon, ob mehr der Charakter zu den Angestellten passt, zu

00:11:06: der Filmphilosophie erst, bis es dann natürlich nachher im zweiten Schritt auch um die Summe

00:11:11: nachher geht, die es dann kosten soll. Jetzt mal mehrchenhaft gesprochen, wie viele Frösche

00:11:15: mussten Sie denn küssen, bevor Sie die Prinzessin gefunden haben? Gott sei Dank nicht so viele.

00:11:20: Also ich hatte vorher mal gehört von anderen Erfahrungen, es kann bis ein, zwei Jahre dauern,

00:11:24: bis man da mal wirklich auch was Gutes findet oder was passt. Bei mir war es relativ kurz,

00:11:29: was ich meine, nach drei, vier Monaten habe ich da schon eine Firma, also Lichtwerbung

00:11:35: für Hermann gefunden, wo wir wirklich schnell in enge Prozesse gegangen sind und auch schnell

00:11:39: auf Persönlichkeits-Ebene geguckt haben, passt das. Da das Thema dazu auch noch perfekt

00:11:44: war, Kreativität, Handwerklichkeit, wo ich ja ursprünglich herkomme, haben Sie wahrscheinlich

00:11:49: auch, also die Inhaber oder die Inhaberin, bei mir gesehen, ja, der kommt aus dem Handwerk,

00:11:53: der weiß auch, was in der Werkstatt los ist und hat nicht nur das Betriebswirtschaftliche,

00:11:57: was wir natürlich auch brauchen, was sehr wichtig ist als Unternehmer.

00:11:59: Ich komme nachher noch mal auf die Qualitäten, die Sie da gerade angesprochen haben. Ich

00:12:03: würde gerne mal zwischendurch die Frage stellen, Herr Hartung, Nachfolgezentralen sollen das

00:12:06: Bewusstsein hinsichtlich der Komplexität einer Nachfolgerechtzeitig schärfen. Was heißt

00:12:12: rechtzeitig in diesem Zusammenhang und was macht Nachfolgen so komplex?

00:12:16: Ja, also es ist natürlich ein Unterschied, ob ein Unternehmen vielleicht eine mehrköpfige

00:12:20: Gesellschaftsstruktur hat, wo vielleicht nur ein Gesellschaft dann alter erreicht hat,

00:12:25: wo er vielleicht sich zurückziehen sollte. Insofern ist es sehr wichtig.

00:12:27: sehr individuell zu bewerten für jedes Unternehmen selbst.

00:12:29: Häufig macht es vor allen Dingen aber auch die Persönlichkeit des

00:12:33: Gesellschafts selbst so komplex, weil der eine oder andere auch mit 80 noch nicht

00:12:37: das Gefühl hat, der müsste jetzt an seine Übergabe denken, weil es einfach sein

00:12:40: Unternehmen ist, was er eben aufgebaut hat. Und die Sichtweise auf so eine

00:12:45: Unternehmensübergabe vor der Übergabe und nach der Übergabe, das unterscheidet sich

00:12:50: doch häufig. Viele unterschätzen auch die juristischen und viele andere

00:12:55: Details. Da gibt es wirklich starke Unterschiede von dem, was man erwartet und was

00:12:58: da wirklich passiert. Und die Komplexität von der emotionalen Seite, die

00:13:03: möchte ich noch gar nicht bewerten. Also die Komplexität hat viele

00:13:06: rationale, aber auch viele emotional Punkte und der gesamte Prozess des

00:13:11: Findens, der schon relativ lange dauert, wird dann eben durchaus noch eine

00:13:14: Länge gezogen durch den Prozess an sich. Sie nutzen in Mecklenburg-Vorpommern

00:13:18: Herr Badelsen eine Matching Software. Wie kommen da solche Faktoren, wie die

00:13:24: Komplexität, die Emotionalität eines solchen Prozesses zur Geltung?

00:13:28: Niemals vollständig würde ich jetzt antworten. Das ist tatsächlich durch

00:13:32: unsere Software jedenfalls noch nicht abbildbar. Trotzdem ist die Software so

00:13:37: gut, dass sie halt Orientierung schafft und tatsächlich dann auch zu solchen

00:13:42: Matching-Lösungen schafft, wie Herr Eisenblätter das vorhin gerade geschildert

00:13:46: hat. Also gerade diese weichen emotionalen Faktoren lassen sich natürlich

00:13:51: schlecht über Software abbilden. Wir haben in Mecklenburg-Vorpommern diese

00:13:54: Software zusammen mit einem Dienstleister entwickelt und unseren

00:13:59: Bedürfnissen zunächst mal angepasst und auch bei begrenzten finanziellen Budget

00:14:05: haben wir halt da etwas geschaffen, was es ermöglicht, dass von außen Aufträge

00:14:10: eingestellt werden können. So wie Herr Eisenblätter das geschildert hat, kann

00:14:14: man sich ja so bei uns registrieren, anmelden, Suchauftrag einstellen und

00:14:18: damit also das Fundament und die Datenbasis erst mal zur Verfügung

00:14:21: stellen. So und das ist das, was die Software sehr gut leisten kann. Wie gesagt,

00:14:26: die ganzen weichen Faktoren können schlecht abgebildet werden. Dafür sind am

00:14:31: Ende, denn wir Menschen, wir Projektmitarbeiter und Mitarbeiterinnen noch da.

00:14:34: Ja, dann würde sowas in Berlin auch geben?

00:14:36: Ja, wir nutzen sogar die Software direkt als Lizenz quasi und wir werden natürlich

00:14:42: ein paar Anpassungen für uns noch machen, was aber vor allen Dingen sowas wie

00:14:45: Parametrisierung ist. Zum Beispiel ist eben der regionale Bezug in Berlin wesentlich

00:14:49: weniger reservant als in Mecklenburg und Flächenland und wir werden genau die

00:14:52: gleiche Software nutzen und wir werden dann noch genau mit den Mecklenburger

00:14:56: Kollegen versuchen, also in den nächsten Jahren weiterzuentwickeln. Man wahrscheinlich irgendwann

00:14:59: ein K.I. Tool, was das alles von alleine macht.

00:15:01: Herr Eisenblätter, Sie haben das schon angesprochen und wir haben gerade über die

00:15:05: weichen Faktoren auch gesprochen. KMU sind in hohem Maße von der Persönlichkeit des

00:15:09: Inhabers geprägt, deshalb spielt der Charakter des Nachfolgers auch eine

00:15:13: wesentliche Rolle. Wie hat Ihr Unternehmen, also das Unternehmen, das Sie übernommen

00:15:17: haben, Sie denn auf Herz und Nieren geprüft? Was wollten die von Ihnen wissen?

00:15:21: Wie sind Sie zusammengekommen? Was spielt da eine Rolle?

00:15:24: Beim ersten Treppen ist es natürlich erst oberflächlich, das ist ganz klar.

00:15:27: Dann testet man sich natürlich an und Sie wollen, also bei mir war es so,

00:15:31: natürlich von meinem Werdegang nochmal wissen, warum bin ich Vertriebsleiter

00:15:35: geworden, vom Lagermeister zum Vertriebsleiter, wie konnte das

00:15:38: geschehen, was hat man sonst zur Qualifizierung? Hast du auch schon Menschen

00:15:42: geführt? Das sind erstmal so diese Hauptfragen. Hast du betriebwirtschaftliches

00:15:47: Feedback, kannst du mit Zahlen umgehen, kennst du eine BWA, kannst du die lesen?

00:15:52: Das sind erstmal die oberflächlichen Sachen. Wenn das so das Gerüst so steht,

00:15:55: dann wurde bei mir mehr ins Persönliche gegangen. Wir haben natürlich erzählt,

00:15:59: was sind Vorfälle und Situationen auch in Sachen Führung und wie bewältigt man die?

00:16:04: Also wie habe ich es als Vertriebsleiter mit 15 Personen gemacht, wie hat die

00:16:08: Inhaberin das mit ihren 5 bis 6 Leuten gemacht und da hat man schon gemerkt, wir

00:16:11: haben den gleichen Führungstil. Das fand sie natürlich sehr gut und ich muss

00:16:16: mich dann auch nicht verändern, was ich auch nicht möchte, sondern ich kann das

00:16:18: auch so weitermachen, wie ich jetzt zum Beispiel führe, wenn es um Führung geht.

00:16:21: So sind die Parameter gesteckt und hat man sich nach und nach angenährt, bis man

00:16:26: dann natürlich auch mal essen gegangen ist mit dem Mann der Inhaberin, man hat

00:16:29: die Tochter mal kennengelernt. Wir hatten ja die verschiedensten Treffen, dass man

00:16:34: sich auch persönlich mehr kennenlernt und da hat sie dann irgendwann gemerkt,

00:16:37: das ist nicht alles ein Luftschloss, sondern das was Herr Eisenblätter da sagt,

00:16:43: das ist wohl wirklich so und dann muss man natürlich vertrauen in die Person

00:16:46: irgendwie aufbauen, um dann auch zu wissen, ja der redet da kein Blödsinn,

00:16:51: sondern das hat wirklich nachhaltige Kraft. Ich sage ihnen aber auch mal

00:16:55: uns in Rostock ist es so, würde ich da nur irgendwas sagen, was ich in

00:16:58: Haini tun würde. Rostock ist ein Dorf, auch wenn es zu einer 1.000 oder ein bisschen

00:17:02: mehr Einwohner hat, aber das würde sich dann auch umsprechen und dann hat man

00:17:05: eh auch keine Chance mehr auf andere Sachen von daher bleibt ehrlich da draußen

00:17:08: Leute. Guter Hinweis Herr Hartung, was muss denn als Nachfolger jemandem mitbringen,

00:17:14: wenn er bei Ihnen bei der Bürgschaftsbank aufschlägt im Zuge einer

00:17:18: Unternehmensnachfolge, welche Charakterzüge sind besonders hilfreich oder

00:17:21: hinderlich? Man muss ehrlich sagen dieses Unternehmer,

00:17:24: dieser Unternehmer sein und diesen Wunsch zu haben, was zu gestalten, dem muss

00:17:29: ich aus unserer Sicht bei uns manifestieren. Wir können zwar Zahlen auswerten, wir

00:17:33: können uns angucken in welcher Branche es er tätig, was ist der Markt und so weiter.

00:17:36: Aber dieses unternehmerische Annen und die Möglichkeit auch beweglich zu sein und

00:17:40: auf Markt Bewegung zu reagieren, das ist für uns eigentlich das essentielle.

00:17:44: Also diese Persönlichkeit des Unternehmens, auf die stellen wir eigentlich immer ab,

00:17:47: natürlich. Also eine gewisse unternehmerische Historie ist natürlich gut. Gerade junge

00:17:54: Unternehmer haben die nicht immer, da muss man eben genau auf die Persönlichkeit

00:17:57: gucken. Wir brauchen einfach Unternehmerpersönigkeiten, die gestalten wollen. Das ist

00:18:02: nicht immer nur Lust, dass es auch manchmal Lastunternehmer zu sein und eine

00:18:05: Übernimmverantwortung für eben viele Menschen und insofern das ist aber für

00:18:09: uns eigentlich das Hauptdetail. Herr Badelsen, geeignete Nachfolger sind zu

00:18:13: 75 Prozent als die höchste Hürde beim im Nachfolgeprozess identifiziert worden.

00:18:22: Dann folgt der Kaufpreis, auf den kommen wir vielleicht nochmal, mit 30 Prozent

00:18:26: und als drittes die Bürokratie. Also Sie haben die tatsächlich, die auch nach meiner

00:18:31: gefühlten Temperatur, wichtigsten Gründe genannt, warum es so schwierig auch ist

00:18:39: und warum es so komplex ist, tatsächlich diese Nachfolgerlösung zu schaffen.

00:18:44: Und wir setzen mit unserem Projekt ja exakt beim erst genannten Thema 75 Prozent

00:18:51: Schwierigkeit sich zu finden an und ja unser Konzept sieht es halt vor, genau

00:18:59: dort zu wirken. Für die anderen Bereiche, die hier genannt sind, sind im Zweifel auch

00:19:03: andere zuständig. Thema Kaufpreis haben sie genannt und es ist

00:19:08: naturgemäß so, dass zwischen Käufer und Verkäufer wie überall auf dem Markt da

00:19:13: eher unterschiedlich Interessent da sind, das heißt, dass die Vorstellung

00:19:17: differieren wird. Aber das Problem ist häufig gerade, dass die Unternehmerschaft

00:19:21: wie gesagt naturgemäß immer ein Schnaps mehr haben will, als vielleicht jemand

00:19:26: bereit ist zu zahlen. Auf der anderen Seite hat das eben auch nicht nur den

00:19:31: Grund sich nun die Taschen vollzumachen, sondern häufig sind das auch

00:19:35: existenzielle Themen. Themen, die dann häufig solche Nachfolgeprozesse auch

00:19:39: fürchterlich in die Länge ziehen können. Also es nehmen sich Leute vor, den

00:19:44: Ruhestand anzusteuern, das Unternehmen abzugeben. Man stellt sich einen

00:19:49: Kaufpreis X vor, der aber nicht marktgerecht ist. Erzähl ich diesen

00:19:52: Kaufpreis X aber nicht, weil der Markt es halt nicht hier gibt. Mache ich halt

00:19:57: weiter und suche weiter nach jemandem, der vielleicht denn doch bereit ist, diesen

00:20:00: Preis zu zahlen. Und so kann sich das manchmal wie ein Kauge um mich auch ziehen.

00:20:04: Herr Hartung, die Bürgschaftswanken haben ja inzwischen eine eigene Landing-Page

00:20:09: für das Thema Nachfolge auch initiiert. Jetzt hat mich erstaunt nur 16 Prozent der

00:20:15: Übernahme Willigen und Übergeber, besonders der Übernahme Willigen,

00:20:19: benennen Finanzierungs-Schwierigkeiten bei der Übernahme eines Unternehmens als

00:20:24: Hürde. Überrascht sie das? Ich glaube, die fehlende Finanzierbarkeit von

00:20:27: sinnvollen Kaufpreisen, das ist nicht das Problem. Ich möchte das vielleicht ganz

00:20:32: kurz ergänzen, wir sind auch als Bürgschaftswanken keine Kaufpreisstörer.

00:20:34: Also wir sagen nicht, der Kaufpreis, weil ein anderer Kaufpreis ist nicht erzielbar,

00:20:39: sondern wir sagen, wir sind nur bereit, bis zu einem bestimmten Punkt zu

00:20:41: finanzieren. Und wenn du die Möglichkeit hast, das Geld dir woanders dann herzuholen,

00:20:44: dann mach das ruhig. Es führt natürlich zu einer gewissen Erdung, wenn wir sagen,

00:20:49: wir finanzieren nur zwei Millionen und es werden vier Millionen gefordert, da stellt

00:20:52: sich natürlich jeder Käufer die Frage, warum finanzieren nicht zwei Millionen mehr.

00:20:56: Und insofern, also an Finanzierbarkeit schreitert es in der Regel eher nicht.

00:21:01: Dann ist es wirklich so, dass einfach die zusätzliche Belastung durch diese

00:21:05: Finanzierung der Übernahme das Unternehmen nicht ergibt, aber ansonsten

00:21:09: schreitert es in der Regel nicht. Wir haben schon ganz kurz über den

00:21:12: Unternehmenswert gesprochen. Es gibt bei den Bürgschaftsbanken inzwischen ja auch

00:21:16: in Gemeinschaftsarbeit mit den IHK, glaube ich, einen Unternehmenswertrechner.

00:21:22: Was tut der? Was macht der? Was bringt der für jemand, der zum einen übernehmen

00:21:28: und zum anderen übergeben will, weil da, wie Herr Badelsen schon sagte, die

00:21:32: Vorstellung manchmal sehr auseinander gehen.

00:21:34: Ja, aus meiner Sicht bringt der Vereinigten Plausibilisierung. Also wir

00:21:37: stellen uns ja nicht hin und sagen, wir können hier den Unternehmenswert sachlich

00:21:40: beurteilen, sondern wir schauen einfach nur drauf, sind die Annahmen und die

00:21:45: Erwartung, sind die irgendwo in der Range drin, die sinnvoll erscheint.

00:21:51: Und wir haben ja bei den Unternehmensübergaben übernahmen das Problem.

00:21:56: Wir haben eben keinen perfekten Markt, wie irgendwo an der Börse, wo viele

00:21:59: Nachfrage auch viele Anbieter treffen, sondern wir haben einen sehr eingeschränkten

00:22:02: Markt, sodass es umso schwerer ist, da einen fern Preis wirklich zu ermitteln.

00:22:06: Insofern nimmt man Parameter an die Hand, umsatzgrößen oder Betriebsergebnisse

00:22:11: und versucht, da sinnvolle Multiplikatoren drüber zu schieben.

00:22:14: Aber das ist jedenfalls in der Plausibilisierung von Kaufpreisabsichten

00:22:18: und nicht direkt der Bewertung eines Unternehmens.

00:22:22: Ja, also mit der Sie haben das ja nun firsthand erlebt.

00:22:26: Sie mussten sich auch irgendwie einigen mit dem Unternehmen, das Sie übernommen haben.

00:22:30: Es ist ein hoch emotionales Thema, haben wir schon gesagt.

00:22:33: Wie waren die Vorstellungen bei Ihrer Übernahme, was den Verkaufspreis betrifft?

00:22:41: Also da kann ich dann mal aus dem Nähkästchen plaudern.

00:22:44: Damals war es so, als ich die Firmangeboten bekommen habe, hat die Kollegin von

00:22:48: Herr Barteltzen auch gesagt, was sind die Aufheißen da?

00:22:51: Der Kaufpreis ist nicht Ihrem Profil entsprechend.

00:22:53: Wir denken aber, dass das passt.

00:22:55: Und dann habe ich einmal erläutert, was ich mir dann vorgestellt habe oder was mein

00:23:00: Budget überhaupt ist.

00:23:01: Dann gibt es halt diese Rechner zum Beispiel oder Formeln, die darauf hinführen, wie

00:23:05: der wahre Kaufpreis ist.

00:23:06: Und mit dieser Zahl sind wir dann nochmal in den Prozess gegangen.

00:23:09: Und ich bin ganz ehrlich, wir waren vor dem Aus.

00:23:13: Und dann kam der Anruf auf Heißblätter.

00:23:16: Wir haben uns durchgerungen, wir werden doch den Preis nehmen, den die Bank sagt bzw.

00:23:20: auf den Sie sich mit der Bank geeinigt haben, was auch kreditwürdig ist.

00:23:23: Und da ist mir natürlich ein Stein vom Herzen gefallen, weil ich schon gesehen habe, dass

00:23:28: das wahrscheinlich daran scheitern wird.

00:23:30: Aber da muss ich auch nochmal hohen Respekt an die Unternehmerin sagen, dass sie dann

00:23:33: da auch gesehen hat, was realistisch ist und nicht überpaste hat und gesagt hat, wie

00:23:39: es manche tun.

00:23:40: Wir warten dann noch ein paar Jahre.

00:23:42: Denn sie hat auch noch ein Ziel gehabt.

00:23:44: Sie ist erst 49 gewesen und hat noch viel vorgehabt.

00:23:50: Und deswegen denke ich, hat sie da auch den richtigen Schritt gemacht.

00:23:52: Und ja, ich bin überglücklich darüber.

00:23:55: Das ist fast ein schönes Schlusswort.

00:23:58: Ich würde gerne zum Abschluss noch sagen, Herr Hartung, 30 Jahre Bankenerfahrung, 40

00:24:03: Jahre unverwüstlicher Humor steht auf Ihrer linken Seite.

00:24:06: Was ist denn für die Nachfolge, für das Nachfolgegeschäft wichtiger Humor oder Erfahrung?

00:24:12: Ach, ich glaube, die richtige Mischung von beiden ist da recht sinnvoll.

00:24:16: Es sind wirtschaftliche Prozesse, das muss man natürlich sagen.

00:24:19: Dafür hilft die Bankerfahrung, es sind aber auch emotionale Prozesse und dafür hilft

00:24:25: natürlich auch eine ganze Menge Humor.

00:24:27: Vielen Dank, meine Herren.

00:24:28: Ich bedanke mich fürs Gespräch und wünsche eine gute Heimreise, sag ich mal, nach Schwerin

00:24:34: und nach Ostdok.

00:24:35: Vielen Dank fürs Gespräch.

00:24:36: Danke.

00:24:37: Vielen Dank.

00:24:37: [Musik]

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